„Der Salzburger Frauenlauf war unser Befreiungsschlag!“

© Salzburger Frauenlauf / Alexander Schwarz

„Der Salzburger Frauenlauf war unser Befreiungsschlag!“

Mit gerade zehn Jahren war Antonia die jüngste Teilnehmerin am Salzburger Frauenlauf. Ihre Geschichte, die sie gemeinsam mit ihrer Mutter Anna in dieses Erlebnis mitbrachte, war die wohl emotionalste von allen. Der gemeinsame Lauf am 13. Mai 2022 steht symbolisch für einen Befreiungsschlag, genau ein Jahr nach einem Schicksalsschlag. Mit Happy End.

 

Alles begann am 13. Mai 2021 mit einem Unglück. Auf den Tag genau ein Jahr vor der 14. Ausgabe des Salzburger Frauenlaufs. Das neunjährige Mädchen geriet mit ihrer linken Hand in die Knetmaschine, die zuhause zur Herstellung von Brot lief. Umgehend wurde das eingequetschte Glied zwischen Motor und Kessel eingezogen, als Antonias kleiner, sechsjähriger Bruder zum Held wurde. Geistesgegenwärtig stoppte er die Maschine am Ausschaltknopf.


Schutzengel

„Es war Antonias Schutzengel, im Körper ihres kleinen Bruders“, findet Anna. Derweil verschwanden die lebendigen Farbtöne aus dem linken Arm seiner Schwester, bis nur mehr ein schrecklich gelblich-weißer übrig blieb. Antonias Vater begann umgehend, die Maschine auseinanderzuschrauben. Binnen weniger Minuten trafen die Rettungskräfte der örtlichen Feuerwehr ein. Die Rettungskette sowie die Versorgung Antonias und ihrer Familie funktionierte nach Plan, das hatte extreme Bedeutung für die Gesundheit des Mädchens.

Während für die Familie in all den Sorgen um ihre Tochter die Sekunden langsam verrannen, landete wenig später der Rettungshubschrauber und flog Antonia mit gekühltem Arm und in Begleitung ihrer Mama ins Salzburger Landeskrankenhaus. Schnell wurde klar, dass die Frage, inwiefern die Faszien rund um die Muskeln im Handgelenk beschädigt waren, entscheidend darüber sein würde, ob der Unterarm der kleinen Antonia gerettet werden könnte.


„Alle waren da für sie!“

Das schockierende Ereignis nahm Gott sei Dank die Wende Richtung erfreulichem Ausgang. Wundersamerweise erlitt Antonia keine Knochenbrüche, nur schwerste Quetschungen. Mit viel Geduld und gezielter Therapie strömte immer mehr Leben zurück in Antonias Arm. Es ging bergauf. Postkästen voller Briefe voller Anteilnahme bauten auf, denn obwohl Besuch im Krankenhaus nicht möglich war, „waren alle für sie da!“ Auch Antonias Uroma, mit der sie eine besondere Verbindung hatte, blickte in diesen schwierigen Stunden und Tagen aus dem Himmel auf Antonia herab.


„Wir zwei!“

Seit einigen Jahren nimmt Mutter Anna jährlich am Salzburger Frauenlauf teil. Dass dies an diesem Frühlingstag nicht der Fall war, lag an den Pandemie bedingten Absagen und Verschiebungen von Laufveranstaltungen zu dieser Zeit. Doch der geplante Termin für die 14. Auflage am 13. Mai 2022 war schon bekannt. Inspiriert von der Symbolik und den eigenen Erlebnissen beim Salzburger Frauenlauf kam Anna die Idee, diesen Tag als Ziel zu setzen. Noch im Krankenhaus, als die Diagnose sich Richtung hoffnungsvoll drehte, setzen sich Mutter und Tochter den 13. Mail 2022 als Ziel. „Es wird dein Startschuss“, versprach sie Antonia. Danach würden sie dieses schreckliche Erlebnis ins Archiv verbannen. „Wir zwei! Es sollte nur um uns zwei gehen!“


„Mama, es war so cool!“

„Ich finde es cool, dass sie eingewilligt hat und sich zugetraut hat, fünfeinhalb Kilometer mit mir zu laufen“, blickt Anna zurück. Im Laufe einer gemeinsamen Mutter-Tochter-Vorbereitung fand Antonia Freude am Laufen und stand am 13. Mai motiviert neben ihrer Mama an der Startlinie. Selbstverständlich absolvierten die beiden die Distanz gemeinsam und saugten die Atmosphäre und die Emotionen auf. „Es war unglaublich emotional. Wir beide gemeinsam, sie als Allerjüngste“, schildert ihre Mutter begeistert. Die letzten Schritte beschleunigte Antonia, schließlich gab es die Finisher-Medaille abzuholen. „Sie hat im Ziel gestrahlt, sie hat mir gesagt: ,Mama, es war so cool. Das war der tollste Tag in meinem Leben.’“

Vielleicht findet dieses Erlebnis Salzburger Frauenlauf einen prominenten Platz in den Erinnerungen Antonias, wie auch der Unfall ein Jahr davor. Der Abdruck ihrer Kinder-Armbanduhr im Handgelenk erinnert sie auf ewig daran. Ansonsten hat sich der Arm so gut erholt, dass er keine Einschränkungen mehr mit sich bringt. Die Bewegungsfähigkeit ist in den Monaten der Therapie sukzessive zurückgekehrt.